Erfolgsstory einer Ikone: Der Renault 5

Innovativ, charmant, revolutionär: Auf dem Genfer Auto-Salon vom 26. Februar bis zum 3. März 2024 wurde der Renault 5 E-Tech Electric zum ersten Mal der Öffentlichkeit vorgestellt. Wird er denselben Kultstatus erreichen wie schon sein Vorgänger vor 50 Jahren?

Renault 5 – die erste Generation

Wir schreiben das Jahr 1972, es ist Frühling. Wir befinden uns auf der Genfer Automesse und Renault stellt gerade sein neuestes Modell vor: ein kleines Auto, das den recht schlichten Namen „Renault 5“ trägt. Klein ja, aber alles andere als unscheinbar – der Renault 5 sorgt nämlich direkt für Aufsehen. Allein schon die knalligen Farben – ein Giftgrün oder ein Signalorange – machen ihn zum Hingucker. Dazu kommen die großen Scheinwerferaugen, die an ein „Kindchengesicht“ erinnern und das Auto direkt sympathisch wirken lassen.

Von seinem Design einmal abgesehen, hat das Fahrzeug auch sonst so einiges zu bieten. Dank seiner kompakten Größe ist das Auto sehr wendig, nimmt wenig Verkehrsfläche ein und passt in so ziemlich jede Parklücke.

Gleichzeitig wirkt er aber von innen groß, er kann nämlich vier Personen unterbringen und bietet – vor allem mit umgeklappten Rückbänken – viel Stauraum. Außerdem führt der Renault 5 eine echte Innovation ein: Seine Kunststoff-Stoßdämpfer sind unempfindlicher als die bisher üblichen Metallstoßstangen und gleichzeitig im Verschleißfall kostengünstig auszutauschen. Diese Neuheit soll schon bald zum Industriestandard werden und macht Renault somit zum Vorreiter. Ansonsten setzt der Renault 5 aber verstärkt auf bewährte technische Komponenten aus dem Renault 4 und dem Renault 6 und erzielt so insgesamt einen günstigen Fahrzeugpreis. Hinzu kommt noch ein geringer Spritverbrauch (was in Anbetracht der bevorstehenden Ölkrise besonders praktisch ist), der den Renault 5 endgültig zu einem attraktiven Fahrzeug für das kleine Portemonnaie macht.  

Ein innovatives Konzept innovatives Konzept und grenzüberschreitender Erfolg

Dieses Fahrzeugkonzept ist dabei an sich schon revolutionär. Bernard Hanon, der weithin als der geistige Vater des Renault 5 gilt, ist bei der Erstellung nämlich einen ganz neuen Weg gegangen: Er hat sich bei der Konzipierung auf die Ergebnisse von Kundenbefragungen gestützt. Bisher hat man sich dabei ausschließlich auf die Meinungen von Ingenieuren berufen. Als Professor für Management an der New York University hat Hanon zwei zentrale Einsichten in die Gesellschaft, und zwar dass junge Leute Unkonventionelles lieben und dass die Gesellschaft vor einem Umbruch steht. Diese Erkenntnisse spiegeln sich zu einem gewissen Maß auch in den Auswertungen der Kundenbefragungen für den Renault 5 wider und fließen auf diese Weise in das Fahrzeugkonzept mit ein. 
 
Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Auf der Genfer Automesse ist der Renault 5 ein großer Erfolg: Das Publikum liebt ihn und auch diverse renommierte Autozeitschriften berichten durchweg positiv. Mit dem Renault 5 ist nämlich ein Fahrzeug erschaffen worden, das (fast) jeden anspricht: Er ist nicht nur bei Frauen beliebt, die den größten Anteil der Kundschaft ausmachen, sondern auch im Allgemeinen bei jungen Leuten. Zudem eignet er sich gut für kleine Familien oder als Zweitwagen. Wie Michel Boué, der talentierte junge Designer, der für den Renault 5 verantwortlich ist, es ausdrückt, handelt es sich um „ein Auto, das in der Lage ist, soziale Grenzen zu überschreiten.“ 

Der Renault-5-Pokal – Ein unvergessliches erstes Rennen

In den nächsten Jahren besiegelt der Renault 5 seinen Ruf als wahrer Alleskönner, denn es werden verschiedene Motorisierungen für jeden Geschmack angeboten. Freunde von Sportwagen sind davon nicht ausgenommen. So hat Renault Deutschland Sportchef Rolf Schmidt schon kurze Zeit nach Einführung des Renault 5 eine Idee, die er mit PR-Direktor Georg Heinz Hommen diskutiert: Warum nicht einen erschwinglichen Sportwagen herstellen und den dann in „Deutschlands erste[r] vollwertige[n] Marken-Rennserie für den Nachwuchs“ vermarkten?  
 
Gesagt, getan. Am 7. April 1974 stehen auf dem Hockenheimring 40 Fahrer mit identischen Renault 5 TL am Start. Mit einem Preis von unter 10.000 Mark gehören sie zu den günstigsten Sportwagen auf dem Markt und das Motodrom ist ausgebucht, also beste Voraussetzungen für eine erfolgreiche und in Erinnerung bleibende Premiere des Renault-5-Pokals.
 
Und in Erinnerung bleiben wird er tatsächlich, wenn auch nicht so, wie erhofft. Kaum ist das Rennen gestartet, kippen nämlich schon die ersten Fahrzeuge aus der Kurve und das zieht sich durch das komplette Rennen. Abends berichten verschiedene Sportsendungen von dem Rennen und zeigen Highlights für alle, die das live verpasst haben. Speziell eine Aufnahme von einem sich spektakulär überschlagenden Wagen wird besonders oft gezeigt und verhelfen dem (auf wundersame Weise unversehrten) Fahrer Bernd Renneisen zu zweifelhaftem Ruhm. 

Das Erfolgs-Phänomen

In einer Krisensitzung am nächsten Tag einigt man sich auf eine Bewährungsfrist: Schmidt und Hommen haben zwei Monate Zeit, das Problem zu beheben. Sollte das nächste Rennen allerdings ähnlich verlaufen wie die Premiere, wird der R5-Cup sofort beendet. Nun gilt es also herauszufinden: Woran könnte der desaströse Verlauf der Renn-Premiere gelegen haben? Harald Grohs, Sieger des Rennens, ist sich sicher: „Die Jungs haben sich alle an meinem Kurventempo orientiert und dabei nicht gemerkt, wo die normale Seitenneigung aufhört und die Kippgrenze beginnt.“ Tatsächlich ist Grohs der einzige erfahrene Fahrer. Eine genauere Untersuchung bestätigt, dass die Reifen, die während der Entwicklung mit einem Profi abgestimmt wurden, wenig Grip haben und für Anfänger nicht so gut geeignet sind. 

Sieben Wochen nach der Rennpremiere sind die Rennfahrer erneut am Start, diesmal in verbesserten Fahrzeugen, die Reifen mit mehr Profil haben. Diesmal verläuft das Rennen ohne nennenswerte technische Zwischenfälle. Somit rettet das nicht nur den Renault-5-Pokal, sondern markiert auch den Beginn einer einzigartigen Erfolgsgeschichte. 

Der R5-Markenpokal entwickelt sich nämlich zu einem beispiellosen Erfolg. Bald bleibt er auch nicht mehr auf Deutschland begrenzt, sondern wird über ganz Europa ausgetragen. Nun starten pro Rennen 100 Autos und wiederkehrende Rivalitäten wie die „Fünferbande“ halten das Publikum in Atem. Neben der Europa-Serie finden zudem neun nationale Cups mit verschiedenen R5 TL-Variationen statt. Bis der R5 durch neuere Modelle abgelöst wird, ist ein R5-Marken-Pokal kaum noch aus dem Rahmenprogramm eines großen Rennens wegzudenken.

Der R5 als Sportwagen

Durch den Erfolg des Renault-5-Pokals entstehen verschiedene sportliche Varianten des R5. Eine besondere Rolle spielt hierbei die Entwicklung des Turbo-Laders. Diesen führt Renault 1977 in der Formel 1 ein, die dem Renault 5 Alpine, der später passenderweise zu Renault 5 Alpine Turbo umgetauft wird, zu Leistungsschüben verhelfen. 
 
1980 wird der mit demselben Turbo-Lader ausgestattete Renault 5 Turbo auch für den normalen Markt eingeführt. Der verbreiterte Wagen mit in der Karosserie verbautem Kunststoff und Aluminium sowie kurzer Beschleunigungszeit und einwandfreiem Fahrwerk kann sich blicken lassen. Passend zu seinem auffälligen Äußeren ist auch sein Interieur: Das gibt es in knalligem Rot und Blau sowie mit zehn Rundinstrumenten, die ihm einen besonders modernen Look verleihen. 

Kontinuierliche Verbesserungen und krönender Abschluss

Während die Sport-Varianten des Renault 5 vor allem zum Markenimage beitragen, wird stetig auch an der Basisvariante gearbeitet, was ihn durchgehend zum Verkaufserfolg macht. Besonders wichtig ist hierbei die Einführung einer Version mit vier Türen im Jahr 1980. Er wird stetig komfortabler – zum Beispiel werden Instrumententräger und Lenkrad neu und ergonomisch gestaltet – und auch der Benzinverbrauch wird verbessert. 

Das letzte Modell dieser R5-Reihe, und gleichzeitig ein letzter großer Wurf, ist der Renault 5 Turbo 2. Technisch ähnelt er seinem Vorgänger stark, jedoch werden für ihn weniger teure Materialien in der Karosserie verwendet und auch sein Innenraum wirkt zurückgenommen. Dadurch erreicht er sogar bessere Verkaufszahlen.  

Im Jahr 1984 endet schließlich die erste Generation des R5. Das neue Auto der zweiten Generation ist da: Es heißt ganz unbescheiden Supercinq (auf Deutsch: „Super 5“) und verspricht viel. 

Renault 5 – die zweite Generation

Perfektionierte Perfektion: Der Supercinq

Ist es überhaupt möglich, den form-perfekten Renault 5 zu übertrumpfen? Wenn einer die Antwort zu einem klaren „Ja!“ machen kann, dann Marcello Gandini, italienischer Star-Designer, der schon Sportwagen für Lamborghini und Alfa Romeo designt hat und jetzt für Renault ans Werk gegangen ist. Das finale Design des Supercinq orientiert sich weiterhin stark an dem des Renault 5, behält somit all seine Vorteile bei, wirkt aber insgesamt glatter und moderner (was ihn nebenbei aerodynamischer macht).  

Der Supercinq, der von Anfang an auch mit vier Türen erhältlich ist, punktet außerdem mit rundum erneuerter Technik. Der Motor ist statt wie bei seinem Vorgänger nicht mehr längs, sondern quer verbaut. So gibt es nun noch mehr Platz im Innenraum. Außerdem ist das Fahrwerk komplett erneuert und ermöglicht dabei weiterhin Fahrkomfort. 

Modernste Technik

1986 beweist Renault einmal mehr sein Vorreiterdenken: Der Renault 5 GTL verfügt als erstes deutsches Auto über einen der US-Norm entsprechenden lambdageregelten Dreiwegekatalysator. Diese moderne Abgasreinigung entspricht voll dem gestiegenen Umweltbewusstsein der 1980er Jahre. Das Zeichen ist gesetzt und schon bald werden auf dem deutschen Markt nur noch Benziner mit Katalysator produziert.  

Außerdem sind nun sowohl der dreitürige Renault 5 TD als auch der viertürige Renault 5 GTD mit einer weiteren technischen Neuheit verfügbar, nämlich dem Dieselmotor, und gehören zu den sparsamsten Modellen auf dem Markt.

Eine gesuchte Rarität: Das Renault 5 Cabriolet

Ebenfalls im selben Jahr erscheint eine ganz besondere Variante des R5. Der Ex-Rennfahrer Ernst Berg entwickelt in Belgien ein Cabriolet. Anders als zu dieser Zeit üblich kann das Faltdach nämlich bis unter Kopfstützenniveau abgesenkt werden. Ganz ohne den üblichen „Henkelmann-Look mit Erdbeerkörbchen“ ist der Renault 5 Cabriolet ein echter Hingucker. Trotzdem wird er, wie auch alle anderen Cabriolet-Varianten des R5, nie in Serie produziert, was ihn später zum umso gefragteren Sammlerstück machen wird. 

Das Ende einer Ära

Zu Beginn der 1990er ist es schließlich so weit: 1991 wird der Renault Clio vorgestellt, der offizielle Nachfolger des Renault 5. Dieser wird zwar noch vier Jahre lang parallel weiterproduziert, dann wird die Produktion aber 1995 endgültig eingestellt. Die letzten Modelle tragen am Heck den wehmütigen Schriftzug „Bye Bye“ und markieren das Ende einer 23-jährigen Karriere des Renault 5 mit über fünfeinhalb Millionen Fahrzeugen, einer Karriere, die für Innovation und Revolution steht. 

Wiedergeburt: Der Renault 5 E-Tech Electric

0 Jahre später dürfen wir uns über eine ganz besondere Weltpremiere freuen. Geschichte scheint sich zu wiederholen, als am 26. Februar 2024 der Renault 5 E-Tech Electric – geradezu schicksalhafterweise wieder in Genf – seine Weltpremiere feiert. Er soll eine ähnliche Vorreiterrolle wie schon sein Vorgänger einnehmen und dazu beitragen, dass Elektrofahrzeuge zum Mainstream werden.  

Weitere Informationen zum Renault 5 E-Tech Electric finden Sie hier.